RangerTippsNaturbeobachtungen im Frühling
Wie überall im Leben ist auch in der Natur der richtige Zeitpunkt von entscheidender Bedeutung. Lesen Sie, was Sie mit etwas Geduld und Glück entdecken können, was bemerkenswert ist in Brandenburgs Natur.
Frühlingskonzerte


Beinahe täglich kehren Frühlingsboten aus ihren Winterquartieren zurück und geben auf ihren Bühnen Gratiskonzerte. Die Bühne des Drosselrohrsängers ist das Schilf. Hier sitzt er in hohen Halmen und schmettert mit kräftiger Stimme markante Tonreihen durch den Sumpf. Gut getarnt und meist versteckt, verraten wankende Schilfhalme seine Anwesenheit.
Der größte einheimische Rohrsänger hat Gewicht und balanciert sich exzellent durch das Dschungelschilf. Dieser wollte hoch hinaus und präsentierte seinen Gesang auch aus Uferweiden. Nach langer Flugreise aus Afrika zurück, gilt es nun den Weibchen zu imponieren. Aus voller Kehle, mit stolz geschwellter Brust. Wird er erhört, dringen schon bald Bettellaute aus der Kinderstube im Schilf. Mit jedem Neuankömmling wird das Vogelensemble bunter. Fehlt eigentlich nur noch der Pfingtsvogel ...
Im Park am Fluss, am Tümpel im Moor, auf der Lichtung im Wald, am großen Strom. Überall singen und klingen, flattern und fliegen, hüpfen und springen, schreiten und huschen, klettern und wettern Gefiederte und Bodenläufer um die Wette. Im Wasser gluckst und blubbert es, in Wiesen und Wegrainen häufen sich bunte Farbtupfer.
Munteres Treiben, wohin man schaut. Mit jedem warmen Sonnenstrahl erwacht das wilde Leben, während unser gesellschaftliches erst langsam wieder zur Normalität zurückkehrt. Ein seltsames Gefühl. Alles folgt seinem Lauf, ungeachtet dessen, was uns gerade widerfährt. Eine zuverlässige Konstante in ungewisser Zeit. Wer sich rausnehmen kann, genieße die Zeiten draußen: Kleine Glücksmomente und ein Stückchen Normalität garantiert.
Wilder Wald
Im Wald buhlen Frühjahrsblüher um das Sonnenlicht. Noch ist es hell, tragen Bäume Knospen und sind keine Konkurrenz. Aber das wird sich ändern. Wer am Boden Licht benötigt, öffnet jetzt seine Blüten, denn schon bald wird sich entfaltendes Grün zu einem Blätterdach verbinden. Leberblümchen, Waldveilchen, Scharbockskraut und Buschwindröschen. Himmelblaue, violette, knallgelbe und weiße Farbtupfer laden Besucher ein. Wussten Sie, dass Bienen eine Rotschwäche haben? Sie fliegen vornehmlich auf gelbe und blaue Töne. Vielleicht strahlen Scharbockskräuter darum wie kleine Sonnen in die Welt. Leberblümchen locken vor allem Käfer an ihre Blüten, die Verbreitung der Samen übernehmen später Ameisen. Ein mühsames Geschäft. Anspruchsvoll ist das Blaublümchen obendrein. Alte Wälder sind ihr Revier, Buchen und Eichen bevorzugt. Ein Glückspilz, wer welche entdeckt.




Lautstarkes Geflatter lenkt meinen Blick vom Boden in die Bäume. Zwei schwarze Vögel huschen Flügelschlagend um die Buchen. Zu groß für eine Amsel, zu klein für eine Krähe. Als leuchtendes Rot durch die Äste blitzt, kann ich mein Glück kaum fassen. Zwei Schwarzspechte im Liebestaumel, ungeachtet meiner, ganz nah dran. Mal aufwärts kletternd, wieder kurz fliegend und sogar zu Fuß. Zwischendurch wir gehämmert und pausiert. Als die Beiden an einem Birkenstamm am Waldrand landen, habe ich freie Sicht und bewundere die großen Spechte, die sich spielend leicht am Baumstamm halten. Schon bald wird es hier Nachwuchs geben und die Beiden werden pausenlos gefordert sein.
Wieselflink
Der Zufall treibt mir den nächsten Bewohner vor die Augen. Wieselflink taucht er am rechten Wegrand auf, huscht auf die andere Seite und verschwindet zack, in einem Höhlenbaum. Man glaubt es kaum, wenn man es nicht selbst gesehen hat. Das weiße Fell verrät den heimlichen Baumbewohner, ein Hermelin hat meinen Weg gekreuzt. Oder ich seinen?
Wie alle Marder ist auch dieser kleine Bursche sehr agil und neugierig. Ich warte ab und werde kurz darauf belohnt. Vorwitzig lugt es aus seiner Behausung, gerade so, als wollte es sagen: Ist was los da draußen? Reinweiß und unschuldig niedlich, dabei ist der kleine Räuber nicht zu unterschätzen. Hermeline erlegen Beute, die größer ist als sie selbst. Ihr dichtes Winterfell war einst begehrt, heute unversehrt, muss es andere Feinde fürchten. In Schneefreien Wintern fliegt die Tarnung auf und macht Fressfeinde erst aufmerksam. Doch schon bald vollzieht sich der Wandel und das braune Sommerfell wird wieder gute Tarnung sein.
Wiesen-Welten



Hermeline teilen sich das Jagdrevier mit vielen anderen. Wiesen sind ihr Mäusereich. Während Landwirte das massive Auftreten der kleinen Nager zunehmend beklagen, leben Wildtiere im Himmelreich. Nachts jagen Schleiereulen, Waldkäuze und Steinmarder durch die Dunkelheit, am Tage haben Füchse, Milane und Bussarde die Jagdvollmacht. Erst recht, wenn sie kleine Mäuler oder Schnäbel zu versorgen haben.




Von einem Ansitz am Deich hält der Rotmilan Ausschau. Als Jäger und Sammler ist er auch über Dörfern und Städten bekannt, frisst Aas und zivile Reste. Ein Gesundheitspolizist. Hier wird er Mäuse jagen und das mit scharfem Blick. Noch aus großer Höhe macht er die Beute aus und sieht wie alle Greife, viermal besser als wir. Im Flug geradezu majestätisch, segelt die Gabelweihe über die Wiesen und Weiden des Landes. Leicht zu erkennen am gegabeltem Schwanz.



In Acht nehmen muss sich der Wiesenpieper. Wie alle kleinen Sänger, kann er auf der Ausschau nach Nahrung schnell selbst zur Beute werden. Die von Sperbern zum Beispiel. Als Bodenbrüter ist er gut getarnt, genau wie die Feldlerche, deren tirilierender Gesang jedoch niemandem verborgen bleibt. Wie aus dem Nichts steigt die unscheinbare Lerche mit putziger Federhaube empor, um natürlich nicht uns, sondern der Angebeteten zu imponieren. Ihr klangvolles Repertoire aus Zwitschern, Flöten und Tschilpen, ein vielseitiger Konzertgenuss.
Wassermusik
Auch am Wasser erklingt Zukunftsmusik. Schnatternde Gänse, rufende Enten, glucksende Kiebitze. Letztere fallen durch eindrucksvolle Balzflüge auf. Laut trompetend ziehen Kraniche durchs Brutrevier. So lange paarweise, bis sie auf Wasserinseln nisten. In Erdhöhlen verborgen, brüten Brandgänse ihren Nachwuchs aus. Und das zahlreich. Auf gemeinsamen Schwimmausflügen lässt sich die Kinderschar später auf den Gewässern der Elbe, Havel und Oder beobachten.
Am kleinen Fluss tragen Haubentaucher Nistmaterial zusammen, die Kinderstube treibt sicher auf der Wasseroberfläche. Am großen Strom stochern Austernfischer nach Nahrung. Der Halligstorch, wie der Küstenvogel auch liebevoll genannt wird, brütet vereinzelt auch bei uns und erscheint im Schwarz-Weiß-Rot Kontrast, tatsächlich wie eine Miniaturausgabe des Adebars.
Frühlingsklänge und Gesänge
Apropos, auch unsere Weißstörche klappern wieder laut von vielen Dächern. Sie haben Quartier bezogen und genießen die Ruhe vor dem Sturm. In einer Stille ganz anderer Art, finden wir uns gerade zurecht. Der plötzliche Stillstand bedeutet Vernunft, Kontaktvermeidung und Heimarbeit. Vielleicht Gelegenheit, die wilden Welten am eigenen Hof, im eigenen Garten zu entdecken. Sogar aus dem Fenster heraus. Munter pfeifend, bauen Stare ihre Nester, die metallisch leuchtenden Vögel haben ein großes Gesangsrepertoire. Als Meister der Imitation geben sie Kostproben von Bussard bis Pirol. Im Pflaumenbaum nebenan, zupfen Gimpel an köstlichen Blüten. Ein herrlicher Farbkontrast, das leicht melancholische Flöten verrät den kleinen Vogel und seine Vorliebe für Knospen bringt Beobachter auf die richtige Spur.
Amsel, Buchfink, Kohlmeise, Kleiber und Co, erfreuen aus Büschen, Efeuhecken und Straßenbäumen mit ihrem Gesang. Vielleicht huscht ein Eichhörnchen den Stamm hinunter manchmal gelingt ein längerer Blick. Auch Gartenteiche erwachen zu neuem Leben. Huckepack tragen Erdkrötenweibchen ihre Partner ins Wasserreich. Hier werden sich schon bald Laichschnüre um Pflanzen schlängeln. Und welch ein Glück haben Sie, wenn auch königsblaue Moorfrösche in Ihren Blick geraten. Nur an wenigen Tagen machen die Männchen Blau, sind aber keineswegs untätig, sondern auf dem Höhepunkt ihrer Paarungszeit angekommen.
Gerade bestimmt ein neues Virus den Weltenlauf, nichts hält es auf und doch können wir seine Ausbreitung beeinflussen. Verlangsamen, um das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten. Für unser eigenes Befinden gilt, das Immunsystem zu stärken. Gesunde Ernährung, reichlich Schlaf und ja, viel frische Luft. Wer kann, sollte also die Natur genießen.
Text und Fotos: Ricarda Rath, Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg