Naturschützer-Beschützer

Der Australier Sean Willmore ist seit 2012 Präsident der International Ranger Federation, IRF.  Die Eindrücke während eines Weltranger-Treffens Anfang gaben seiner eigenen Arbeit als Ranger eine neue Richtung: Sean Willmore gründete "the thin green line": Diese Stiftung unterstützt Ranger und ihre Angehörigen. Wir hatten Gelegenheit zu einem Interview.

Sean Willmore (c) The Thin Green Line

Naturwacht: Herr Willmore, 2012 auf dem 7. Welt Ranger Kongress in Tansania wurden Sie zum Präsident des Internationalen Rangerverbandes IRF gewählt. Was haben Sie vom Gründervater des IRF, Gordon Miller, der diese Organisation mit einer Handvoll weiterer Ranger 1992 gegründet hat, gelernt?

Sean Willmore: „Wenn du eine gute Idee hast, dann musst du sie auch gegen Widerstände realisieren. Wir alle sind den Gründern der IRF sehr dankbar, dass sie diese Idee des weltweiten Rangerverbandes umgesetzt haben!“ Mit einem Augenzwinkern: „Gordon hat zudem passend zu seinen Rangerabzeichen aus aller Welt und seinen Erfahrungen, eine gute Sammlung geistiger Tropfen. Ja, und jetzt sind wir gefordert, die nächsten Schritte für unseren Rangerverband und letztlich die Ranger in aller Welt zu gehen.“

Wie lauten Ihre übergeordneten Ziele als Präsident der IRF und wie wollen Sie diese Ziele erreichen?

Wir müssen auf unserer bisherigen Arbeit aufbauen und unsere Organisation mit bezahlten Mitarbeitern weiter professionalisieren. Auf der bestehenden Basis wollen wir nationale Rangerorganisationen unterstützen, neue nationale Rangerorganisationen und neue IRF-Projekte entwickeln. Zum Beispiel, Partnerprojekte zwischen Rangern aus unterschiedlichen Ländern, die gezielt dem Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer unterstützen.

Ich würde mich freuen, wenn die Kooperationen zwischen den Rangerorganisationen häufiger wären, wenn es noch mehr Rangerorganisationen auf der Welt gäbe und diese noch aktiver für unsere gemeinsame Sache, den weltweiten Schutz der Biologischen Vielfalt, eintreten würden. Wir selbst sind dabei unser größter Trumpf für die Umsetzung dieser Ziele. Ebenso wünsche ich mir, dass wir endlich die gebührende Aufmerksamkeit für die wichtige Arbeit der Ranger erhalten – daran arbeiten wir aktuell global auf allen Ebenen!

Für Ihren Film über internationale Rangertätigkeiten haben Sie Ihren Job als australischer Parkranger an den Nagel gehängt und sind 14 Monate durch die Welt gereist, um Rangerkollegen bei ihrer Arbeit zu begleiten. Was hat Sie zu dieser Reise bewogen und was war Ihre tiefste Erfahrung dabei?

Sean Willmore: Ich traf 2003 Ranger aus vielen Ländern auf dem Welt Ranger Kongress. Sie berührten mich mit ihrer Begeisterung, ihren Erlebnissen, ihrer Hingabe und den oftmals unglaublichen Herausforderungen, denen sie sich stellen. Während dieses Kongresses hat sich mein Leben grundlegend verändert. Und nun bin ich kein Ranger mehr, aber ich arbeite für die Ranger in aller Welt.

Symbolträchtig. Dieses Foto entstand während des World Ranger Congress 2012 in Tanzania.

Nach diesen Erfahrungen gründeten Sie Ihre Stiftung "The Thin Green Line" mit der als Frage gestellten Botschaft “Würdest Du Dein Leben für die Zukunft unseres Planeten einsetzen? ...so, wie es tausende von Rangern täglich tun." Mit Ihrer Stiftung unterstützen Sie Ranger, die in Ausübung ihres Berufs schwer verletzt sowie Angehörige von Rangern, die von Wilderern getötet wurden. Wie viele Ranger und deren Familien unterstützen Sie aktuell und wie sieht Ihre Unterstützung aus?


Ja, als mein Film fertig war, konnte ich der IRF erste Spenden übergeben. Aber dann betonte der damalige Präsident Zeller, obwohl es ein erklärtes Ziel der IRF sei, Witwen von Rangern zu unterstützen,  dass die IRF nicht als ein Wohltätigkeitsverband gegründet worden sei. Zugleich ermutigte er mich, gemeinsam mit anderen IRF-Mitgliedern eine eigene Stiftung zu gründen, die genau dieser Aufgabe dient – sie ist heute als „The Thin Green Line Foundation bekannt. Bis heute hat meine Stiftung annähernd 100 Familien unterstützt.

Aber wir tun viel mehr als nur das. Wir initialisieren und  unterstützen die Ausbildung von Rangern, rüsten Ranger aus und tragen zu verbesserten Lebensbedingungen von Rangern gerade in vielen Ländern Afrikas bei. Zudem unterstützen wir die Anwesenheit von IRF-Vertretern bei Kongressen, wir fördern die Gründungen neuer Rangerverbände sowie viele andere Initiativen. Dabei ist der Vizepräsident der IRF gleichzeitig im Vorstand der Thin Green Line Foundation. Dies unterstreicht die starke Verbindung der IRF zu ihrer wohltätigen Stiftung.

Sie sind nach wie vor ein Weltreisender in Sachen "Ranger". So haben Sie vom 13. bis zum 17. Mai des Jahres am 3. Europäischen Rangerseminar im Brijuni Nationalpark, Kroatien, teilgenommen. Mehr als 120 Ranger aus 23 Ländern waren anwesend. Ein Resultat des Kongresses bestand in der Erkenntnis, dass die europäischen Ranger in Schutzgebieten grundsätzlich denselben Herausforderungen begegnen, zum Beispiel beim Schutz bedrohter Arten, bei deren Bestandskontrollen, bei Führungen von Besuchern zu den Naturschönheiten oder bei Umweltbildung mit Junior Rangern. Als weitere Gemeinsamkeit der Ranger Europas wurde klar, dass der Beruf des Rangers bei weitem nicht den gesellschaftlichen Stellenwert hat, der ihm zusteht, ja, dass sogar vielen Menschen das Berufsbild des Rangers völlig unbekannt ist. Wie können die Ranger ihr Berufsbild verdeutlichen und auch ihre öffentliche Anerkennung vergrößern?

Ranger aus aller Welt während des World Ranger Congress 2012. Fotos: Roland Schulz

Ich glaube, Ranger benötigen starke lokale Persönlichkeiten, hoch angesehene und populäre Personen, die sich für die Arbeit der Ranger einsetzen und sie bekannt machen. Zudem sollten sich die Ranger mit ihrer Umweltbildung noch aktiver am Unterricht in den Schulen beteiligen – die Einrichtung von Junior Ranger-Gruppen sind dafür ein gutes Beispiel.

Die Aufgaben der europäischen Ranger unterscheiden sich von denen ihrer Kollegen anderer Länder, wie etwa in Tansania. Gibt es dennoch Parallelen und Verbindungen zwischen den Rangern Europas, Afrikas, Südamerikas oder sonst wo auf der Welt?

Überall auf der Welt kümmern sich die Ranger um die Natur: Sie sind die Verteidiger und die Anwälte der Natur. Das ist der ehrenhafteste Beruf, den ich mir nur vorstellen kann.

Die Ranger Europas müssen nicht gegen Wilderer, wie Ranger in vielen anderen Ländern der Welt, kämpfen. Sie müssen keine Aufsehen erregenden Arten wie Nashörner, Elefanten, Löwen oder Leoparden vor dem Aussterben retten. Ist es trotzdem wichtig, die europäischen Ranger weiterhin zu finanzieren oder sollte das Geld besser zu den Rangern in armen Ländern mit diesen großen imposanten und seltenen Tierarten, zum Beispiel Brasilien, Indonesien oder Tansania, fließen?

Nein, ich bin überzeugt, dass Ranger überall in der Welt unersetzlich sind. Ob sie nun Wölfe und Bären oder Vögel in Europa schützen. Wir benötigen Ranger überall auf der Welt, weil sie als die unersetzlichen Vermittler zwischen den Menschen als Gesamtheit und der sie umgebenden Natur dienen. Aber klar, diejenigen unter uns mit höherem Einkommen sollten unsere Kollegen in Ländern, die weniger mit Wohlstand gesegnet sind, unterstützen. Diese Kollegen wiederum können uns viel lehren über Belastbarkeit und Widerstandskraft und natürlich über kreative Ansätze, um ihre Arbeit trotz aller Widerstände zum Wohle der Menschen und der Natur auszuüben – es ist eine Wechselbeziehung, ein Geben und Bekommen.

Wenn Sie drei Wünsche für die weltweit tätigen Ranger und deren IRF bis ins Jahr 2020 hätten, wie würden sie lauten?

Bessere Unterstützung für Ranger, damit sie ihre schwierige Arbeit sicherer ausüben können. Bessere Zusammenarbeit und Austausch zwischen den Rangern unterschiedlicher Gebiete. Und dass das Berufsbild Ranger künftig viel bekannter wird und die Ranger gesellschaftlich viel mehr als heute in ihrer Rolle als Schützer der Natur, von Gesellschaften und letztlich unseres Planeten gewürdigt werden.

Thank you very much, Mr. Willmore!

 

Das Interview führte Roland Schulz.

Sie wollen helfen? Hier können Sie Ranger und ihre Familien unterstützen: http://thingreenline.org.au/donate/international-donations/