Erste Hilfe für junge oder verletze WildtiereTipps und Anlaufstellen
Was tun, wenn man ein verwaistes oder scheinbar verletztes Wildtier findet? Auch uns erreichen immer wieder Anfragen, wie man sich verhalten soll. Hier finden Sie erste Informationen und Anlaufstellen.
Drei Dinge sind entscheidend, egal ob bei Vogel, Reh oder Igel:
- Abstand halten,
- erst einmal beobachten und
- nicht berühren.
Bitte halten Sie sich an folgende Verhaltensregeln: Beobachten Sie das Tier mit Abstand und wenn möglich einige Zeit: Besteht tatsächlich eine Notlage? Ist das Tier eindeutig verletzt? Ist es schwach und ausgemergelt, zittert es? Ist das Tier einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt zum Beispiel auf einer Straße? Wenn es ein Jungtier ist: Liegt es neben einem toten Elterntier oder kümmert sich kein anderes Tier der Spezies um das Junge?
Bitte nicht berühren! Menschen lösen in den Tieren Panik und Stress aus. Auch junge Wildtiere können sich heftig wehren und Sie verletzen. In seltenen Fällen können dabei schwere Krankheiten übertragen werden, wie zum Beispiel Tollwut. Jungtiere nicht oder nur im Notfall anfassen. Sie werden oftmals von ihren Eltern verstoßen, wenn sie nach "Mensch" riechen.
Weitere Hinweise, wie Sie mit häufig gefundenen Tieren umgehen sollten, finden Sie in den folgenden Abschnitten. Holen Sie auch darüber hinaus die Meinung von Fachleuten ein. Die genannten Anlaufstellen und Linkstipps helfen weiter. Zu diesen auf einzelne Tiergruppen oder Arten bezogenen Informationen finden Sie hier einer allgemeine Liste der Pflegestationen in Brandenburg, die verletzte Wildtieren aufnehmen.
Gerade am Wochenende oder nach Feierabend können auch diese Facebook-Gruppen Wildtier-Notfall und zur Wildvogelhilfe weiterhelfen. Bitte nur in Notfällen kontaktieren und die Gruppenregeln beachten.
Jungvögel
In aller Regel benötigen Jungvögel keine Hilfe. Es ist normal, dass man sie zum Beispiel im Frühjahr auf dem Boden findet. Gerade junge Amseln und Drosseln verlassen das zu eng gewordene Nest vor der Flugzeit: Die Tiere befinden sich in der sogenannten Ästlingsphase. Sie verlassen flugunfähig das Nest und erkunden die Umgebung. Die Elterntiere kümmern sich in dieser Zeit weiter um ihre Jungen und versorgen sie mit Futter. Sollten Menschen den Jungvögeln allerdings zu nahe kommen, wagen sich die Eltern nicht mehr an ihren Nachwuchs heran.
Finden Sie Jungvögel an Straßenrändern oder ähnlichen Gefahrenorten, dann setzen Sie sie auf einen sicheren Ast. Am besten benutzen Sie zum Anfassen der kleinen Vögel ein Handtuch oder einen Handschuh.
Anders verhält es sich bei kleinen Nestlingen, die kaum befiedert aus dem Nest gefallen sind, aber wohlauf scheinen. In diesem Fall können sie die Jungvögel zurück ins Nest setzen. Wenn mehrere Nester benachbart sind, setzen Sie das Jungtier in ein Nest mit möglichst vergleichbar großen Küken.
Mehr Info:
Fuchs, Reh und andere Säugetiere
Bei Begegnungen mit jungen Säugetieren wie Hase, Rehkitz oder Fuchswelpe ist das Handeln einfach: Nicht berühren, möglichst großen Abstand halten und aus großer Entfernung beobachten. Denn die Mütter der Jungtiere sind in aller Regel nah. Sollte bei ihrer Rückkehr der Geruch eines Menschen auf dem Fell haften, kann das ihr Todesurteil bedeuten. Eine Ausnahme besteht in einer Notlage, wenn das Jungtier eindeutig verletzt, krank oder in direkter Gefahr ist.
Beobachten Sie solche Fälle, wenden Sie sich an die zuständigen Jäger*innen, an das nächste Forstamt, an eine Auffangstation oder auch einfach an die Polizei. Hier können Sie genaue Angaben zum Tier, zu den Verletzungen oder gegebenenfalls zu einem Unfallhergang machen. Halten Sie weiter Abstand bis professionelle Hilfe eintritt.
Mehr Info:
Eichhörnchen
Hier liegt die Sache ein wenig anders: Entgegen der landläufigen Meinung darf man Eichhörnchen-Findelkinder anfassen. Die Mutter lehnt sie deswegen nicht ab. Eichhörnchenbabys können Sie mit der Hand aufnehmen, sie übertragen keine Krankheiten. Bei erwachsenen Tieren ist es aber notwendig, geeignete Handschuhe zu tragen oder eine Decke zu nutzen!
Beobachten Sie das Findelkind und schützen Sie es vor Katzen, Hunden und Rabenvögeln. Die meisten Eichhörnchen-Findelkinder geraten in Not, weil zum Beispiel die Mutter nicht mehr lebt oder der Kobel zerstört wurde. Oft ist der ganze Wurf, also zwischen 2 und 6 Jungen, betroffen und auf menschliche Hilfe angewiesen.
Wärmen Sie das Tier am Besten mit einem Handtuch oder einem alten T-Shirt. Wärme ist wichtig, denn die Jungtiere können ihre Temperatur noch nicht halten. Muttertiere nehmen unterkühlte Jungtiere nicht an, eine Rückführung ist dann nicht mehr möglich!
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Vereins Eichhörnchen Notruf e.V.. Hier ist auch die Hotline des Vereins angegeben, die von März bis September täglich besetzt ist. Link-Tipp: Die 10 wichtigsten Schritte, die bei der Erstversorgung von Jungtieren zu beachten sind, sind in einem verständliche 10-Punkte-Plan zusammengestellt.
Großvögel
Wenn Sie einen verletzten ausgewachsenen Vogel finden, informieren Sie schnellstmöglich die Untere Naturschutzbehörde, die in jedem Landkreis zur Kreisverwaltung gehören. Tierärzt*innen und Fachleute in Wildtierpflegestationen versuchen dann alles, um dem Vogel zu helfen und sie anschließend wieder auszuwildern.
Sollten Sie einen ausgewachsenen Vogel benommen im näheren Straßenumfeld sehen, kann dies ein anderes Verhalten erfordern. Diese großen Vögel - meist Beutegreifer wie Eulen, Adler, Bussarde, Falken oder ähnliche Greife - werden auf der Suche nach überfahrenen Tieren gelegentlich selbst vom Sog eines Fahrzeugs erfasst und zu Boden gerissen. Dort sitzen sie eine Weile benommen und fliegen im besten Fall weiter. Auch hier sind die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise sowie ehrenamtliche Wildtierstationen Ihre Ansprechpartner*innen.
Wenn Sie ein Tier transportieren müssen, geht dies am besten in einem Karton, der mit etwas Küchenpapier ausgelegt ist. Für Vögel bis Taubengröße reicht ein Schuhkarton. Hier ist aber doppelte Vorsicht geboten: Ziehen Sie Lederhandschuhe an oder nutzen Sie eine Decke als Greifschutz. Beachten Sie, dass Schnäbel und Krallen großer Vögel in vermeintlicher Notwehr zu wirksamen Waffen werden können.
Mehr Info:
- Verletzten oder kranken Altvogel gefunden - was nun (Projekt Wildvogelhilfe)
- Die Wildvogelstation - ein Projekt des NABU
- Vogelpfleger und Auffangstationen (Wildvogel Pflegestation Marburg e.V.)
Füttern Sie das Tier nicht! Sie können damit mehr falsch als richtig machen! Viele Vogelarten benötigen unbedingt ein Spezialfutter und auch beim Tränken ist vieles zu beachten: Vögel haben anatomische Besonderheiten, verschlucken sich sehr schnell und können daran sterben. Wenn Vögel nicht alleine trinken können: Bitte immer nur einige Tropfen von außen an den Schnabelrand geben, nicht direkt in den Schnabel hinein und warten, bis sie geschluckt haben.
Fledermäuse
Einige Fledermausarten sind Kulturfolger und haben zum Beispiel Quartiere auf Dachböden, wo sie ihre Jungen aufziehen. In Kellern überwintern sie und finden in Grünanlagen Reviere zum nächtlichen Jagen.
Im Sommer oder zum Wintereinbruch "verfliegen" sie sich in Wohnungen oder Häuser. Was ist dann zu tun? Bitte bleiben Sie ruhig, um die Tiere, die sich mit Echolot orientieren, nicht zu verwirren. Löschen Sie das Licht, ziehen Sie die Gardinen beiseite und öffnen Sie die Fenster weit. Achten Sie darauf, dass Tiere nicht in glattwandige Gefäße (Vasen etc.) rutschen, denn sie kommen dort nicht mehr alleine heraus. Auch im Keller z.B. leere Einmachgläser auf den Kopf stellen. Wenn sich öfter Fledermäuse in die Wohnung verirren: Sichern Sie Fenster mit einem Insektenschutznetz.
Hilfsbedürftige Tiere können Sie vorsichtig in einem mit Küchentuch ausgelegten Pappkarton (mit Deckel) setzen. Benutzen Sie Handschuhe! Abgestürzte Jungtiere sollten Sie warm halten und evtl. mit einem "Sockenturm" die Rückführung zum Muttertier versuchen. Ein "Sockenturm" ist eine mit einer Socke überzogene Flasche mit lauwarmem Wasser, die an einem erhöhten Ort in der Nähe des Fundplatzes in eine ausbruchssichere Kunststoffwanne gestellt wurde.
Wasser nur in ganz flachen Gefäßen anbieten - der Deckel einer Wasserflasche eignet sich dafür - oder wie Vögeln nur tropfenweise geben.
Mehr Info hier:
Wussen Sie, das in Brandenburg 19 der 25 in Deutschland lebenden Fledermausarten zu finden sind? Fledermäuse haben hier keine natürlichen Feinde, sind aber dennoch stark gefährdet. Wir engagieren uns zum Beispiel im Projekt Natura-2000-Umsetzung im Fledermausschutz und fördern auch immer wieder Projekte Dritter, um Fledermausquartiere zu erhalten oder auszubauen. Die Naturwacht Brandenburg lädt immer wieder zu speziellen Führungen ein.
Igel
Kleine Igel wirken oft hilfsbedürftig, aber nur in den seltensten Fällen ist eine intensive Pflege wirklich notwendig. Was also tun, wenn man im Herbst einen kleinen Igel findet? Zuerst einen Blick auf die folgende Tabelle werfen und im Zweifelsfall den Igel auf eine Waage setzen. Beachten Sie beim Kontakt, dass Igel häufig stark von Parasiten befallen sind. Am besten feste Bauhandschuhe anziehen.
Igel sind hilfsbedürftig, wenn sie
- Ende September weniger als 200 g
- Mitte Oktober weniger als 300 g
- Ende Oktober weniger als 400 g
- Mitte November weniger als 500 g wiegen.
Igel, die verletzt, tagsüber oder bei Frost aktiv sind, gehören grundsätzlich in die Hände von Fachleuten. Wenn Sie einen Igel füttern müssen: Katzen(Dosen)futter ist bestens für Leichtgewichte geeignet. Zudem mögen und vertragen sie Eier (hartgekocht oder als Rührei) und gekochtes Geflügelfleisch. Aber bitte: Geben Sie dem Igel niemals Milch!
Mehr Info:
- Igel gefunden - was nun? (L.Uhe/ Wildtier-Notfälle) (Infografik)
- Igel - Outdoorprofi oder Pflegefall (NABU Berlin e.V.)
- Igelschutz (NABU e.V.)
- Verein pro Igel e.V.
- Igelstationen und Notfallkontakte (Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e.V.)
Wer die stacheligen Vierbeiner ganzjährig unterstützen möchte, kann ihnen durch eine naturnahe Gartengestaltung einen geeigneten Lebensraum bieten und damit zum Schutz der Tiere beitragen. Hilfreiche Tipps dazu finden Sie im Garten-Tipp des NABU e.V..
Noch ein Hinweis: Fast alle Pflegestationen arbeiten ehrenamtlich. Die Aufzucht von Wildtieren ist sehr kostenintensiv, braucht viel Zeit und viele helfende Hände. Spenden sind deshalb mehr als willkommen. Mehr erfahren Sie unter anderem auf den oben verlinkten Seiten. Tierärzt*innen sind übrigens nicht verpflichtet, Wildtiere kostenlos zu behandeln.
Flyer zum Download
Hier können Sie sich ein Faltblatt mit wichtigen Informationen herunterladen: Findeltiere (pdf-Datei, 1,2 MB).
Johannes Müller
Öffentlichkeitsarbeit Naturwacht
Telefon: 0331 / 971 64 810
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