Naturerbeflächen im FFH-Gebiet "Stechlin"Reich strukturierte Wald-, Seen- und Moorlandschaft im Norden Brandenburgs

Das FFH-Gebiet "Stechlin" ist Kernstück des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land und Teil des Landschaftsschutzgebietes (LSG) "Fürstenberger Wald- und Seengebiet". Die nachfolgenden Details zum FFH-Gebiet wurden dem FFH-Managementplan (LUGV 2013) entnommen.

Gebietsbeschreibung

Das Gebiet umfasst eine reich strukturierte Wald-, Seen- und Moorlandschaft im Norden Brandenburgs. Typisch für das Jungmoränengebiet ist das ungegliederte Gewässersystem. Überregional bedeutsam ist das FFH-Gebiet durch seine große Anzahl von relativ unbelasteten Klarwasserseen (Stechlinsee, Nehmitzseen, Peetschsee, Glietzenseen, Wittwesee, Kruckowseen u.a.). Flächenmäßig befindet sich ein Viertel aller Klarwasserseen Brandenburgs in diesem FFH-Gebiet. Es erstreckt sich mit seinen gut 8.655 Hektar über die beiden Landkreise Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel.

Die Nationalen Naturerbeflächen (NNE) der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg umfassen 19 Hektar und befinden sich im Süden des FFH-Gebiets in der Gemeinde Stechlin. Die Flächen beinhalten den Großen Törnsee sowie westlich und nördlich an den See angrenzende Verlandungszonen, die in Großseggen-Schwarzerlenwald übergehen. Ein Feuchtgrünlandstreifen am Kleinen Rhin (Törnseegraben) ist ebenfalls Bestandteil der NNE-Flächen. Darüber hinaus besitzt die Stiftung weitere drei Hektar: Ein nördlich des Sees gelegenes Flurstück mit Feuchtgrünland sowie drei südlich des Sees am Kleinen Rhin angrenzende Flurstücke mit aufkommendem Erlenbruchwald und Feuchtgrünland.

Der Große Törnsee ist in einer Niedermoorrinne eingebettet, die sich südlich des Nehmitzsees, über den Zeutensee, Kleinen und Großen Törnsee bis zum Kleinen Rhin erstreckt. Über diese Moorrinne findet der natürliche Gebietsabfluss statt. Im 17. Jahrhundert wurde sie kanalartig zum Flößen von Holz bis zum Dollgowsee ausgebaut. In der Folge sanken die Seepegel. See und Moorrinne wurde dadurch Wasser entzogen, was mit Nährstofffreisetzungen einherging. Erst mit dem Bau des Polzowkanals Mitte des 18. Jahrhundert wurde der Kanal überflüssig und verlandete teilweise, wirkt aber nach wie vor entwässernd. Der künstlich aufgeweitete Zufluss, der durch teils degradierte Moorwiesen verläuft, stellt bis heute eine Eutrophierungsquelle des Törnsees dar. Durch weitere Meliorationsmaßnahmen unterhalb des Sees wurde der Wasserspiegel des Törnsees schrittweise um ca. ein Meter abgesenkt (MÜLLER 1988).

Der Flachsee hat eine Wasserfläche von 13,1 Hektar, ist an seiner tiefsten Stelle aber nur 3,1 Meter tief. Er wird als primär meso- bis eutropher Klarwassersee eingestuft. Die Trophiedaten deuten auf eine leichte Verringerung der Nährstoffbelastung gegenüber den 1990er Jahren hin (LUGV 2013, BUKOWSKY O.J., MÜLLER 1998). Der See ist bis zur tiefsten Stelle mit Rauem Hornblatt (Nährstoffzeiger) besiedelt. Am Westufer des Sees sind breite Schwimmblattzonen aus See- und Teichrose sowie wertvolle Verlandungszonen ausgebildet. Neben dem künstlich vertieften Zufluss hat der Fischbesatz zur Eutrophierung beigetragen.

Im Rahmen eines EU LIFE-Projektes zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts im Stechlinseegebiet in den Jahren 2001 bis 2005 wurde am Abfluss des Großen Törnsees eine Sohlschwelle errichtet, dennoch hat der See seinen früheren Wasserstand bisher nicht wieder erreicht. Ob der Törnseegraben gänzlich künstlich entstanden ist oder aus einem natürlichen Fließgewässer hervorging ist unbekannt. Entwässernd wirken nach wie vor Meliorationen unterhalb des Sees. Ein vollständiger Rückbau der Meliorationsanlagen ist aufgrund der aktuellen Grünlandnutzung der Niedermoorstandorte am Kleinen Rhin und Törnseegraben nicht möglich.

Der westlich und nördlich an den Großen Törnsee angrenzende Großseggen-Schwarzerlenwald ist sehr nass und weist viele Schlenken auf. Die gute Wasserversorgung wird durch Arten wie Wassernabel und Sumpf-Blutauge angezeigt.

Schutzstatus und Schutzgüter

Geschützt nach § 30 BNatSchG sind der Große Törnsee, der Törnseegraben sowie die Moor- und Bruchwaldbiotope. Ein Großteil der Biotope ist zugleich Lebensraumtyp nach FFH-Richtlinie. Hier kommen z.B. Biber, Fischotter, Moorfrosch, Bitterling, Schlampeitzger und Karausche vor. Auch für den seltenen Springfrosch gibt es Nachweise aus dem Gebiet. Regelmäßig sind hier auch Kranich, Eisvogel, Seeadler und Rotmilan zu beobachten.

Leitbild und Naturschutzziele

  • Erhalt und Entwicklung des Großen Törnsees als natürlich eutrophen Seen

  • Verbesserung des Erhaltungszustands und der hydrologischen Situation des Großen Törnsees sowie Regulierung der Fischfauna
     
  • Verbesserung der Grabenstruktur des Zu- und Abflusses des Großen Törnsees durch eingeschränkte Gewässerunterhaltung, aber Zulassen von Maßnahmen, die der Anhebung des Seepegels und der Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes dienen
     
  • Fischerei nur in Form eines naturschutzorientierten fischereilichen Managements mit der Zielsetzung der Entwicklung autochthoner Fischbestände in diesem Gewässer ausüben. Fischereiliche Nutzung ausschließlich extensiv, ohne Zu- und Anfüttern und Elektrofischerei (außer zu Forschungszwecken). Ein Fischbesatz mit gebietsheimischen Fischen ist im Ausnahmefall nur möglich, wenn die naturnahe Artenvielfalt eines heimischen Fischbestandes entsprechend der Größe und Beschaffenheit des Gewässers gefährdet ist.
     
  • Fanggeräte sind so einzusetzen oder auszustatten, dass ein Einschwimmen von Fischotter, Biber und tauchende Vogelarten weitestgehend ausgeschlossen ist
     
  • Erhalt und Entwicklung der Moor- und Auenwälder ohne forstliche Nutzung
     
  • Erhalt und Entwicklung des Gebietes als Lebens- und Rückzugsraum sowie potenzielles Wiederausbreitungszentrum wild lebender Tierarten
     
  • Erhalt der Feuchtgrünlandbiotope durch extensive Nutzung

Umsetzung

2016 wurde ein neuer Fischereipachtvertrag abgeschlossen, der die Naturschutzziele in Bezug auf die Fischerei beinhaltet. Außerdem fand im Frühjahr 2017 eine Befischung mit Kummreusen statt. Dieser Reusentyp stammt ursprünglich aus der Küstenfischerei der Ostsee. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Reusen ist ihre Größe, was die Verletzungsgefahr der Fische reduzieren und eine große Fangmenge erlauben soll. Damit wäre dieser Reusentyp ein geeignetes Mittel zur fischereilichen Hege. Ein positiver Nebeneffekt: Die Reuse ist nach oben offen, dies verhindert das Ertrinken von Fischottern, Wasservögeln und anderen lungenatmenden Tieren.

Bisher ist dieser Reusentyp in Binnengewässern noch in der Testphase. Den Einsatz von Kummreusen in ausgewählten Seen des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land hat die untere Fischereibehörde OPR zusammen mit der Naturparkverwaltung initiiert. Ziel ist es die zumeist sehr dürftige Datenlage zum Fischbestand der See zu verbessern und die Fängigkeit von Kummreusen gegenüber herkömmlichen Reusen zu testen. Bei der Befischung auf dem Großen Törnsee haben Mitarbeiter des Fischereipächters, Ranger und Fischereibehörde Hand in Hand gearbeitet. Die Fänge zeigten, dass der See einen recht guten Hechtbestand hat. Massenfische sind in diesem See v.a. Bleie und Karauschen.

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