Schorfheide, Landkreis BarnimEtablierung einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung mit vorwiegend einheimischen Arten

Das Projektgebiet umfasst ein etwa 140 Hektar großes Waldgebiet im Revier Hubertusstock, das unserer Stiftung im Rahmen des Nationalen Naturerbes übertragen wurde. Es liegt im Landkreis Barnim westlich des Werbellinsees zwischen den Ortschaften Groß Schönebeck und Joachimsthal. Das Waldgebiet ist Teil des NSG und FFH-Gebietes "Kiehnhorst/Köllnsee/Eicheide" und eingebettet in das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Die Schorfheide ist ein traditionelles Jagdgebiet und gehört zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten Deutschlands.

Die Schorfheide wurde aber auch intensiv zur Gewinnung von Brennholz, Baumaterial, Holz für Glashütten etc. genutzt. Und neben der Nutzung der Streuauflagen und des Reisigs wurden die Waldgebiete beweidet. So gibt es Aufzeichnungen darüber, dass der Wald im Revier Grimnitz im Jahr 1784 mit 15.320 Schafen, 2650 Rindern und 523 Pferden beweidet wurde. Durch diese Art der "Übernutzung" entstand eine Heidelandschaft und manche Autoren gehen davon aus, dass sich der Name Schorfheide vom altdeutschen Wort "Schoof" für Schaf ableitet.

Mit Beginn des 19.Jahrhunderts begann die geregelte Forstwirtschaft und ging einher mit dem Verbot der Waldweide und der großflächigen Wiederaufforstungen, vor allem mit Kiefer. Es sind aber bis heute einige der Hutewaldstrukturen erhalten geblieben und es gibt noch über 2000 Alteichen im Gebiet. Sie stellen wichtige Relikthabitate für viele gefährdete Arten wie beispielsweise Hirschkäfer (Lucanus cervus), Heldbock (Cerambyx cerdo) oder Mittelspecht (Dendrocopos medius) dar.

Neben den naturnahen Waldbereichen und zahlreichen Alteichen besteht das Projektgebiet aus Nadelholz- und Laubholzforsten mit Kiefer, Fichte, Lärche, Douglasie und Roteiche.

Mit der Übertragung der Naturerbeflächen geht die Vorgabe einher, dass sich die Waldbestände möglichst nach der potentiell natürlichen Vegetation (pnV) entwickeln sollten. Das wäre im Nordwesten des Gebietes ein Straußgras-Traubeneichen- Buchenwald mit eingestreutem Schafschwingel-Eichenwald und im Südosten ein Hainrispen- Hainbuchen-Buchenwald.

Mit dem Ziel der Entwicklung zur pnV und zur Förderung der lichtliebenden Eiche wurden entsprechende Maßnahmen im Gebiet Schorfheide umgesetzt. Dazu gehören vor allem Durchforstungen in den naturfernen Beständen mit Fichte, Douglasie und Roteiche, die Durchforstung von Kiefernbeständen sowie die Freistellung der Alteichen und -kiefern.

Eine geplante Beweidung der Flächen zur Wiederbelebung der Hutewaldstrukturen mit lichten Bereichen, dornigen Sträuchern und zur Förderung der Eiche konnte aufgrund rechtlicher Hindernisse nicht umgesetzt werden.

Methoden

Um die Entwicklung der naturnahen Waldbestände und die Maßnahmen in den naturfernen Beständen mit Fichte, Douglasie, Lärche, Roteiche und Kiefer zu dokumentieren, wurde 2017 eine Biotopkartierung mit Waldbogen durchgeführt.

Zusätzlich wurden 20 Dauerquadrate mit einer Größe von 400m2 (20x20 Meter) eingerichtet. Hier wurde eine erweiterte Vegetationsaufnahme durchgeführt, wobei neben den Baumschichten, insbesondere die Naturverjüngung und Sonderstrukturen wie Baumhöhlen, Horstbäume, Wurzelteller oder Totholz erfasst wurden. An die Dauerquadrate sind außerdem Fotopunkte gekoppelt, mit deren Hilfe die Veränderungen auch bildlich dokumentiert werden können.

Für das Gebiet liegen Abschlussarbeiten der HNEE und eine Arbeit im Rahmen des Moduls Projektplanung über die Alteichen und dem Vorkommen xylobionter Käferarten vor:

  • FREUD, U. (2007): Erfassung und Bewertung der Population von Cerambyx cerdo (Linnaeus 1758) und Megopis sabricornis (Scopolie 1763) (Col., Cerambycidae) in der Schorfheide/Brandenburg unter Berücksichtigung der vorhandenen Habitateigenschaften. – Diplomarbeit zur Erlangung des Grades Diplom-Ingenieur (FH) für Landschaftsnutzung und Naturschutz, Eberswalde
  • HENNERSDORF, K. (2009): Vitalitätsbewertung der Alteichen im Revier Schorfheide (Forstbetrieb Brandenburg, Betriebsteil Eberwalde). – Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science für Forstwirtschaft, Eberswalde
  • EHLERS, K.-F. (2010): Vitalitätsentwicklung an Alteichen in der Schorfheide-Chorin. – Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science für Forstwirtschaft, Eberswalde
  • SKOLLAN, K; SCHULZ, A., SPALLEK M. & A. UHLIG (2015): Xylobionte Käfer am Schorfheide. – Monitoringkonzept für den Nachweis von Lucanus cervus, Osmoderma eremita, Cerambyx cerdo auf der Stiftungsfläche des NaturSchutzFonds Brandenburg, Modul Projektplanung im Studium Landschaftsnutzung und Naturschutz, unveröffentlicht, Eberswalde

Erstmalig wurden die Altbäume im Biosphärenreservat Schorheide-Chorin 1992 durchnummeriert und ihre Vitalität beurteilt. HENNERSDORF (2009) hat die von Keßler in Revierkarten eingetragenen Eichen im Rahmen seiner Vitalitätsbeurteilung mit GPS eingemessen. Neben den oben genannten Abschlussarbeiten wurde die Vitalität im Jahr 2013 durch das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) erneut aufgenommen.

Im Jahr 2020 wurde die Erfassung der Alteichen, die Beurteilung ihrer Vitalität und die Erhebung der xylobionten Käferarten Heldbock, Eremit (Osmoderma eremita) und Hirschkäfer im Rahmen der Erfolgskontrolle beauftragt. Um die Altbäume auch in Zukunft eindeutig identifizieren zu können, wurden die Alteichen im Frühjahr 2020 mit Baumplaketten eindeutig markiert. Zusätzlich wurde von jedem Baum ein Foto gemacht, um die Entwicklung der Altbäume weiterhin zu dokumentieren.

Zusammenfassend werden folgende Methoden der Erfolgskontrolle angewendet:

  • Biotopkartierung (2017, Ergebnisse in den Berichten 1 und 2, Wiederholung geplant 2023)
  • Erfassung der Vegetation, Schichtung, Totholz und Sonderstrukturen auf Dauerquadraten (Ersteinrichtung 2018, Ergebnisse in den Berichten 1 und 2, Wiederholung geplant 2024)
  • Erfassung der Vitalität der Alteichen (2020)
  • Erfassung xylobionter Käferarten (2020, Wiederholung geplant 2021)

Zusammenfassung

Abgesehen von einigen Alteichen und -kiefern ist der Wald im Projektgebiet Schorfheide noch relativ jung und besteht weitgehend aus schwachem bis mittleren Baumholz (BHD 20cm bis 50cm). Dabei dominieren die Laubholzforste, insbesondere die Eichenforste, welche einen Anteil von etwa 40 Prozent im Gebiet einnehmen. Insgesamt lässt sich das Waldgebiet in drei Kategorien einteilen:

  • naturferne Nadelholzforsten mit Douglasie, Lärche und Fichte,
  • gering bis mäßig naturnahe Kiefernforste mit Eiche oder anderen Laubholzarten im Unterbau
  • naturnahe Eichen- und Rotbuchenbestände.

Die erste Kategorie mit den naturfernen Nadelholzforsten aus nichtheimischen Baumarten nimmt mit etwa zehn Prozent den geringsten Anteil ein. Hier kommen relativ wenig Totholz und Sonderstrukturen wie Baumhöhlen, Altbäume oder Wurzelteller vor. Sie sind auch weniger strukturiert und weisen nur ein oder zwei Bestandesschichten auf. Die Bestände wurden weitgehend aufgelichtet und in der Naturverjüngung kommt vor allem Späte Traubenkirsche vor.

Die zweite Kategorie besteht aus älteren Kiefernforsten, in denen bereits Eichen oder andere Laubholzarten untergebaut wurden. Sie sind vielschichtiger, enthalten mehr Totholz und Sonderstrukturen und konnten als gering bis mäßig naturnah eingestuft werden.

Ein Drittel des Gebietes besteht aus naturnahen Eichen- und Rotbuchenbeständen mit relativ viel Totholz, Sonderstrukturen und unterschiedlichen Bestandesschichten bzw. Altersklassen. Mit den Altbäumen und einer mittleren Totholzmenge von ca. 75m3/ha, welche auf den Dauerquadraten (400m2) erfasst und auf einen Hektar hochgerechnet wurde, ist der Wald insgesamt mit hervorragend Habitatstrukturen ausgestattet.

Im Umfeld der freigestellten Eichen gibt es reichlich Naturverjüngung mit Eiche, die man durch einen Wildschutzzaun schützen und fördern sollte. Gleichzeitig könnte man durch eine gezielte Auswahl potentieller Brutbäume des Hirschkäfers die Larven in Stammfußnähe vor Prädation, vornehmlich durch Wildschweine schützen. Der Baum mit dem Nachweis von zwei weiblichen Hirschkäfern soll noch im Winter 2020/2021, gemeinsam mit drei weiteren Alteichen in unmittelbarer Nähe, ausgezäunt werden. Weitere Standorte sollen dann in Zukunft ausgewählt und möglichst mit Holzzäunen, welche sich gut in das Landschaftsbild einfügen, geschützt werden.

Beobachtungsziele

  • Etablierung einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung mit überwiegend heimischen Arten
  • Stabilisierung der ökosystemeigenen Landschaftsfunktionen
  • ausgewogene Altersstruktur
  • Lebensraum waldspezifischer Arten

Parameter und Erfolg / Misserfolg

Landschaftsbild

  • Eichen- und Laubholzforste dominieren das Waldbild
  • der Wald sieht in weiten Bereichen natürlich gewachsen aus
  • alte Huteeichen stellen besonders markante Habitatbäume dar

Biotopausbildung und Baumartenzusammensetzung

  • auf etwa 10% der Fläche kommen naturferne Nadelholzforste mit Douglasie, Lärche und Fichte vor
  • ein Großteil der älteren Kiefernforste wurde aufgelichtet und im Zwischen- und Unterstand kommen Baumarten gemäß der pnV wie Eiche vor
  • in den älteren Eichen-, Rotbuchen- und Kiefernforsten kommen viel Totholz, Sonderstrukturen sowie mehrere Bestandesschichten vor
  • die naturferneren Bestände weisen weniger Totholz, Sonderstrukturen und Bestandesschichten auf, hier dominiert Späte Traubenkirsche die Naturverjüngung
  • ansonsten kommt in der Naturverjüngung am häufigsten Eiche vor, sie profitiert von den Auflichtungen im Bereich der Alteichen und in den Kiefernforsten

Naturnähe

  • insgesamt sind etwa ein Drittel des Gebietes deutlich bis sehr naturnah, d.h. die Baumartenzusammensetzung entspricht weitgehend der pnV

Totholz

  • die mittlere Totholzmenge auf den Dauerquadraten (400m2) beträgt 3m3, das entspricht 75m3/ha
  • die höchste Menge wurde auf einer Windwurffläche (Xavier) mit 12m3/0,04ha erreicht
  • damit ist das Gebiet reich an Totholz, z.B. gemessen an den Bewertungsschemata für Wald-LRTs
  • besonders viel Totholz wurde durch das Sturmtief „Xavier“ im Oktober 2017 geschaffen

Vitalität Alteichen

  • die Alteichen haben ihre natürliche Lebenserwartung von ca. 500 Jahren weitgehend erreicht und sterben ab, ein Großteil ist bereits abgestorben
  • es gibt im Untersuchungsgebiet hinreichend Eichen in allen Altersklassen für die Zukunft
  • durch die Freistellung der Alteichen hat die Naturverjüngung mit Eiche in den lichten Bereichen profitiert, hier könnte die Naturverjüngung gezielt durch Wildschutzzäune gefördert werden
  • darüber hinaus besteht aktuell kein Handlungsbedarf

Xylobionte Käfer

  • es konnten drei Brutbäume des Heldbock, ein potentieller Brutbaum des Hirschkäfers und neun Brutbäume des Eremiten festgestellt werden
  • es gibt aktuell hinreichend Eichen in allen Altersklassen für die Sicherung der zukünftigen Populationen der xylobionten Käferarten
  • freigestellte Eichen, die gleichzeitig potentielle Brutbäume des Hirschkäfers sind, sollten großzügig ausgezäunt werden, um die Eichenverjüngung zu fördern und die Larven der Käfer vor Wildschweinen zu schützen

Stand: Dezember 2020

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