Rendez-vous im TankStarthilfe für Bachmuschel-Nachwuchs
Potsdam (11. Juni 2024) – Eine wichtige Methode zur Vermehrung der deutschlandweit vom Aussterben bedrohten Bachmuschel wurde erstmalig erfolgreich in Brandenburg umgesetzt: In Zusammenarbeit mit dem Institut für Binnenfischerei aus Potsdam-Sacrow hat die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg tausende Fische mit Bachmuschellarven, sogenannten Glochidien, beimpft und in die Dosse (Ostprignitz-Ruppin) zurückgesetzt. Ziel ist, den Muscheln bei ihrer Vermehrung zu helfen.
In ihrem komplizierten Fortpflanzungs-Zyklus ist die vom Aussterben bedrohte Bachmuschel auf das Vorkommen bestimmter Fischarten angewiesen. In der Natur heften sich Bachmuschel-Glochidien als Parasiten an die Kiemen von Wirtsfischen wie Elritze, Döbel oder Groppe. Nur hier können sie sich zu Jungmuscheln weiterentwickeln. Da inzwischen sowohl Bachmuscheln als auch ihre Wirtsfische in vielen Gewässerabschnitten selten geworden sind, bestehen in Brandenburgs Flüssen immer geringere Chancen auf eine solche Begegnung und die natürliche Vermehrung der Mollusken.
Im Rahmen ihres Projektes „LIFE Bachmuschel“ hat die Stiftung NaturSchutzFonds gemeinsam mit Fischexperten des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow (IfB) nun den Mollusken bei ihrer Vermehrung geholfen. Unterstützt wurden sie von einer Muschelexpertin der Hushållningssällskapet aus dem schwedischen Halland.
Das LIFE-Projektteam hat zunächst trächtige Muscheln aus der Dosse gesammelt und deren Larven im Labor aufgefangen. Danach fischten Mitarbeiter des IfB Elritzen aus dem Fluss. Dr. Sven Matern vom Institut für Binnenfischerei: „Die Elritzen haben wir nach dem Fang in einen belüfteten Tank gesetzt und die Muschellarven dazugegeben. Die konnten sich so an die Kiemen der Fische heften. Das geschah alles vor Ort am Fluss.“ Robert Seeger, ebenfalls vom Institut für Binnenfischerei ergänzt: „Bei einer ersten stichprobenartigen Kontrolle haben wir dann erfreulicherweise direkt Glochidien an den Kiemen der Elritzen gefunden. Nun hoffen wir, dass unsere Maßnahme langfristig erfolgreich ist und sich der Bachmuschelbestand in diesem Teil der Dosse wieder erholt“.
3.300 Elritzen wurden mit Bachmuschel-Glochidien beimpft und wieder in die Dosse zurückgesetzt, wo sich nach etwa vier Wochen die dann fertig entwickelten Jungmuscheln von den Fischen lösen und ihr Leben im Flussbett fortsetzen werden. „Dass diese Methode gut funktioniert, wurde bereits an anderen Orten, zum Beispiel in Schweden, nachgewiesen. Es war jedoch das erste Mal, dass wir sie in Brandenburg erfolgreich angewendet haben“, freut sich Michael Zauft, Leiter des Projekts „LIFE Bachmuschel“.
Dieses Vorgehen wird nun bis zum Ende des Projektes im Jahre 2032 angewendet, um die Bestände der Bachmuschel in Brandenburg zu vermehren. Neben der Dosse sind ähnliche Einsätze in fünf weiteren Fließgewässern geplant, unter anderem im Barolder Mühlenfließ (Oberspreewald-Lausitz), der Schnellen Havel (Oberhavel) und der Dahme (Dahme-Spreewald).
Muschelvorkommen in neun Fließgewässersystemen vergrößern
2023 hat die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg ihr Projekt „LIFE Bachmuschel“ gestartet. In neun Fließgewässern in den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel, Dahme-Spreewald, Spree-Neiße, Oder-Spree und Oberspreewald-Lausitz sollen die Vorkommen der Muschel erhalten sowie deutlich vergrößert und damit auch die Gewässer sauberer werden. Die Bachmuschel ist hierfür von enormer ökologischer Bedeutung. Jedes einzelne Exemplar filtert pro Tag etwa 85 Liter Wasser und reinigt so Flüsse und Bäche.
Neben der Vermehrung der Muscheln ist es das Ziel der Stiftung, geeignete Lebensräume sowohl für die Mollusken als auch für deren Wirtsfische wiederherzustellen. Dazu werden vor allem Kies und Totholz für mehr Lebensraumstrukturen und Dynamik in die Gewässer eingebaut. Zudem schließt das Projekt-Team Altläufe wieder an, die seinerzeit bei der Begradigung der Gewässer abgetrennt wurden.
Durch das Pflanzen von Hecken und weiteren Ufergehölzen sollen zukünftig Sediment- und Nährstoffeinträge minimiert werden. Die schattenspendenen Gehölze verhindern außerdem, dass sich das Wasser zu stark erwärmt. Des Weiteren werden an einigen Stellen sogenannte Sandfänge in den Gewässern angelegt, um den Überschuss an Feinsedimenten entnehmen zu können. Die jungen Bachmuscheln sind darauf angewiesen, dass ihr Lebensraum, die Gewässersohle, gut durchströmt ist und dadurch mit Sauerstoff versorgt werden kann. Mächtige Sedimentablagerungen verhindern dies, indem sie die Sohle förmlich verstopfen.
Von den zahlreichen Maßnahmen im Projekt werden nicht nur die Mollusken profitieren, sondern viele weitere Fließgewässer-Arten wie Steinbeißer, Groppe und Edelkrebs.
Mehr als acht Millionen Euro fließen in den kommenden zehn Jahren aus dem LIFE-Programm der Europäischen Union für Natur-, Arten- und Gewässerschutz nach Brandenburg. Die Stiftung gibt weitere 2,9 Millionen Euro aus Mitteln der Ersatzzahlung für ihr landesweites Projekt dazu.
Die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg
Um die Vielfalt und die natürliche Schönheit der märkischen Landschaften zwischen Elbe und Oder, Lausitz und Uckermark auch für die kommenden Generationen zu bewahren, hat das Land Brandenburg die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg errichtet. Seit 1995 betreut die Stiftung die Ersatzzahlung im Land Brandenburg. Mehr als 1.200 Naturschutzprojekte hat die Stiftung in diesen Jahren gemeinsam mit Landkreisen und Kommunen, Verbänden und Vereinen sowie weiteren Partnern wie zum Beispiel Landwirtschaftsbetrieben, Kirchengemeinden oder Privatpersonen möglich gemacht oder in eigener Trägerschaft verwirklicht.
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Projektleiter Michael Zauft
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Telefon: 0331/ 971 64 886
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