Entwicklung der Naturwacht BrandenburgEin Beruf im Wandel
Die Naturwacht Brandenburg startete am 1. Oktober 1991 als Arbeits-Beschaffungs-Maßnahme (ABM), die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert wurde und zeitweise über 200 Mitarbeiter umfasste.
Heute verfügt die Naturwacht Brandenburg über 95 Stellen (Stand September 2021). Sie hat sich zu einer modernen Naturschutzorganisation entwickelt, die sich als professioneller Mittler zwischen den Ansprüchen der Menschen und den Bedürfnissen der Natur versteht.
Rangerausbildung heute
Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde bietet innerhalb des Studiengangs Landschaftsnutzung und Naturschutz eine Vertiefung Schutzgebietsbetreuung an, die als Berufsziel die Tätigkeit als Ranger*in anvisiert.
Die Hochschule betont dabei, dass Studierende, die sich für diese Vertiefung entscheiden, als Praktiker*innen mit sowohl umfangreichen Methodenkenntnissen als auch mit Kompetenzen im Umgang mit Interessenvertreter*innen ausgebildet werden.
Die vier Vertiefungsthemen sind
- Artenschutz, Landschaftspflege und Monitoring
- Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Regelungen
- Bildung, Besucherbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit
- Bau und Instandhaltung der touristischen und naturschutzrelevanten Infrastruktur.
Ein Berufspraktikum, Exkursionen und Projektarbeiten sind im Laufe des Studiums vorgesehen. Die Naturwacht Brandenburg bietet hierfür regelmäßig Möglichkeiten.
Der Studiengang Landschaftsnutzung und Naturschutz umfasst sechs Semester und führt zum Abschluss Bachelor of Science (B. Sc.). Studienort ist Eberswalde. Bewerbung zum Studiengang ist vom 1. Juni bis zum 15. Juli des jeweiligen Jahres möglich.
Alternative zum Studium: Geprüfte Natur- und Landschaftspfleger
Eine weitere Möglichkeit Ranger*in bzw. Schutzgebietsbetreuer*in zu werden, ist die staatliche Anerkennung zum „Geprüften bzw. geprüfte Natur- und Landschaftspfleger*in“ (GNL). Es handelt sich hierbei um eine Fortbildung für Ausbildungsberufe wie Forst- oder Landwirt*innen. Ein Quereinstieg ist jedoch möglich.
Entwicklung des Ranger-Berufs in Brandenburg
Für die Qualifizierung der Mitarbeitenden, die aus den unterschiedlichsten Berufen stammten, vielfach jedoch über Erfahrungen im ehrenamtlichen Naturschutz verfügten, wurden Anfang der 1990er Jahre Mittel des Europäischen Sozialfonds eingesetzt. Für die Konzeptentwicklung nahm man Kontakt mit dem Nationalpark Bayrischer Wald auf, in dem seit 1974 die erste und lange Zeit einzige hauptamtliche Naturwacht in einem deutschen Großschutzgebiet tätig war.
Während der dreijährigen ABM absolvierten die Naturwächter eine 1.000-stündige Fortbildung und erhielten danach sogenannte Naturwacht-Zertifikate. Für die nächsten vier Jahre wurde die Naturwacht als Maßnahme nach § 249 h des Arbeitsfördergesetzes (AfG) weiterfinanziert. Ende 1997 übernahm schließlich die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg die Trägerschaft. Über 100 Mitarbeiter erhielten jetzt unbefristete Arbeitsverträge. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen durch eine Landeszuwendung.
Ein Beruf im Wandel
Die wesentlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, die zum Naturwacht-Berufsbild gehören, konnten in den bundesweit anerkannten Fortbildungsberuf "staatlich geprüfter bzw. geprüfte Natur- und Landschaftspfleger*in" integriert werden. Mittlerweile gibt es an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde mit dem Studiengang „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ eine passgenaue Ausbildung für den Ranger-Beruf. Dies trägt zu einer weiteren Professionalisierung der Naturwacht in Brandenburg und zunehmend auch anderen Bundesländern bei.
Inzwischen haben sich die Betreuer*innen der deutschen Großschutzgebiete zum Bundesverband der Naturwacht zusammengeschlossen, der Mitglied der internationalen Ranger-Förderation (IRF) ist und jährliche Treffen veranstaltet. Dadurch hat sich ein nationaler und weltweiter Austausch von Informationen und Erfahrungen zwischen Schutzgebietsbetreuer*innen entwickelt.
Naturwacht heute
Aktuell verfügt die Naturwacht Brandenburg insgesamt über 95 Stellen (Stand September 2021). Sie hat sich zu einer modernen Dienstleistungsorganisation entwickelt, die sich als professioneller Mittler zwischen den Ansprüchen der Menschen und den Bedürfnissen der Natur versteht. Die Naturwacht wird durch eine Zuwendung des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg finanziert. Sie unterliegt der Fachaufsicht des Landesumweltamtes und arbeitet eng und partnerschaftlich mit den Großschutzgebietsverwaltungen zusammen, mit denen das Arbeitsprogramm in jährlichen fachlichen Rahmenplänen abgestimmt wird.
Jeweils ein bzw. eine Referent*in der Großschutzgebietsverwaltung ist als fachlicher Berater*in ständiger Ansprechpartner*in für die Naturwacht. Über Fragen grundsätzlicher Art, wie zum Beispiel die Entwicklung von Fortbildungsprogrammen, entscheidet ein Fachbeirat, der sich aus Mitarbeiter*innen des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt- und Verbraucherschutz, des Landesumweltamtes und des NaturSchutzFonds Brandenburg zusammensetzt.
Historie: Naturschutz in Deutschland
Die Naturschutzbewegung in Deutschland entwickelte sich als Reaktion auf die starken Veränderungen der Landschaft durch die Bodenreformen und die Technisierung der Landnutzungen im 19. Jahrhundert. Die Bedrohung der Bestände wildlebender Tiere und Pflanzen drang seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in das öffentliche Bewusstsein, nachdem zuvor eine verstärkte naturkundliche Heimatforschung eingesetzt hatte.
1898 erhob der Abgeordnete Wilhelm Wetekamp im preußischen Landtag die Forderung, Naturschutzparke beziehungsweise größere Schutzgebiete auszuweisen (Pflug 1969). Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entstanden Flächenschutzgebiete an der Küste, wo Seevögel direkten menschlichen Verfolgungen ausgesetzt waren. Sie wurden bei Ausflugsfahrten von Gästen der Badeorte in großen Mengen geschossen und litten unter dem massenhaften Absammeln von Eiern durch die Küstenbevölkerung. Zu den ersten Seevogelschutzgebieten gehörten die Inseln Mellum und Memmert (Pflug 1969, Dominick 1992). Weitere Impulse erhielt der Flächennaturschutz durch den 1909 in München gegründeten Verein Naturschutzpark e.V., der sich für die Schaffung von Großschutzgebieten nach US-amerikanischem Vorbild einsetzte. Tatsächlich erreichte der Verein bereits 1911 die Ausweisung eines fast 200 Quadratkilometer großen Naturschutzparks in der Lüneburger Heide.
Mit der Entstehung dieser Flächenschutzgebiete stellte sich auch die Frage, wie sie betreut werden sollten. Innerhalb der Seevogelschutzgebiete wurde in der Regel zumindest während der Brutzeit eine Aufsicht durch Vogelwarte organisiert. Im Naturschutzpark Lüneburger Heide entstand mit der Heidewacht ab 1924 ein straff organisierter Dienst ehrenamtlicher Schutzgebietsbetreuer*innen.
Neben der Vermittlung zwischen den Ansprüchen der Menschen und den Bedürfnissen der Natur führte die Heidewacht auch umfangreiche naturkundliche Erfassungen durch, die in jährlichen Berichten dokumentiert wurden (Duve 1924). Aufgrund der hohen Professionalität, die dieser Ranger-Dienst im Laufe der Zeit erreichte, hätte es nur noch eines kleinen Schrittes bedurft, um einige Mitglieder zu hauptamtlichen Schutzgebietsbetreuer*innen zu ernennen. Stattdessen wurde die Heidewacht jedoch 1934 unter nationalsozialistischem Einfluss aufgelöst, weil sie in enger Verbindung zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung stand (Lütkepohl u. Prüter 1998).
In den Jahrzehnten nach dem Ende des zweiten Weltkriegs führten die Entwicklung der Konsumgesellschaft und ein erheblicher Industrialisierungsschub erneut zu umfangreichen Veränderungen der Landschaft und vielfältigen Bedrohungen der wildlebenden Tier- und Pflanzenwelt. In Westdeutschland gingen durch die Flurbereinigungen zahlreiche Kleinstrukturen verloren. Der Übergang zur Großraumlandwirtschaft in der DDR hatte ähnliche Folgen. Die hohen Stickstoffeinträge durch eine intensive Düngung bewirkten eine großräumige Eutrophierung der Landschaft und der umfangreiche Einsatz von Pestiziden schränkte die Existenzmöglichkeiten für wildlebende Organismen zusätzlich ein. Darüber hinaus entstanden in Westdeutschland durch die Verdichtung des Verkehrsnetzes und die damit einhergehende Zerschneidung der Landschaft erhebliche Naturschutzprobleme. Negative Folgen hatte auch die Zersiedlung großer Regionen durch die Ausdehnung urbaner Zentren. In der DDR wurde die Renaissance der Braunkohleförderung Ende der 1970er Jahre zum besonders deutlichen Zeichen für die Ausbeutung der Natur. Die Anordnung über die Geheimhaltung von Umweltdaten von 1982 behinderte nicht nur den gesellschaftlichen Diskurs über Umweltprobleme, sondern auch die Diskussion über eine bessere Integration von Natur- und Umweltschutz in das wirtschaftliche Handeln (Behrens 2000).
In Westdeutschland hatten unter anderem die Bücher "Der stumme Frühling" von Rachel Carson (1962) und "Die Grenzen des Wachstums" vom Club of Rome (Meadows et. al. 1972) zu neuen Einsichten über die Bedrohung der natürlichen Artenvielfalt und die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen geführt. In dem 1970 gegründeten Nationalpark Bayrischer Wald wurde ab 1974 erstmals eine hauptamtliche Schutzgebietsbetreuung, die Nationalparkwacht, aufgebaut. Der weitaus größte Teil der Schutzgebiete Westdeutschlands blieb jedoch ohne hauptamtliche Betreuung und ihr Zustand verschlechterte sich zusehends. Eine 1988 veröffentliche Studie ergab, dass von 867 untersuchten Schutzgebieten 80% die Qualitätsanforderungen nicht mehr erfüllten (Haarmann & Pretscher). Die Frustration, die sich aufgrund dieser Situation innerhalb der Naturschutzbewegung breit machte, brachte der Zoologe Hermann Remmert in seinem 1988 erschienen Buch "Naturschutz" zum Ausdruck, worin es unter anderem heißt, dass jeder das Phänomen kennt, wie aus Naturschutzgebieten Müllplätze, Sportplätze, Bauplätze und Campingplätze wurden.
Die politische Wende in der DDR bewirkte auch eine Wende für den Flächennaturschutz in Deutschland. In einer enormen Anstrengung wurde zur Zeit der de Maiziere-Regierung ein Großschutzgebietsprogramm aus Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturparks entwickelt und in der letzten Sitzung des DDR-Ministerrats am 12.9.1990 verabschiedet. Es umfasste 9,6% des Staatsterritoriums (Behrens 2000).
Brandenburg entwickelte das Großschutzgebietssystem mit besonderer Weitsicht fort, weil dessen Chancen für die Erhaltung der Biodiversität, für die naturschonende Regionalentwicklung und die Stärkung des ländlichen Raums frühzeitig erkannt wurden. Inzwischen existieren 15 Großschutzgebiete, die fast 35 Prozent der Landesfläche umfassen. Als Eckpfeiler dieses Systems wurde mit den jeweiligen Großschutzgebietsverwaltungen eine professionelle Schutzgebietsbetreuung aufgebaut - die Naturwacht Brandenburg.
Ihr Kontakt
Johannes Müller
Öffentlichkeitsarbeit Naturwacht
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Jahresbericht 2023 - Im Einsatz für Mensch und Natur.